Im Jahr 2024 jährte sich die Einführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (im Folgenden kurz: BEM) zum 20. Mal. Das Ziel des Gesetzgebers hinter der Regelung in § 167 Abs. 2 SGB IX war es damals, Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren, frühzeitig Unterstützung anzubieten. Insbesondere geht es darum, ihre Arbeitsfähigkeit zu erhalten, einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und ihren Arbeitsplatz langfristig zu sichern. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Entwicklungen wie dem demographischen Wandel und dem ungedeckten Bedarf an Fachkräften ist diese Zielsetzung nach wie vor aktuell und wichtig.
Seit 2014 haben wir zahlreiche Arbeitnehmervertretungen bei der Ausgestaltung und Umsetzung des BEM in den rheinland-pfälzischen Unternehmen und Dienststellen unterstützt. Heute ist das BEM in vielen Fällen ein etabliertes Instrument. Selbstverständlich ist es jedoch noch nicht überall. Dies zeigen auch aktuelle Daten aus der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2024:
Seit der letzten Erwerbstätigenbefragung im Jahr 2018 ist die Verbreitung des BEM von 40 % auf 52 % gestiegen. Das bedeutet, dass mittlerweile etwas mehr als die Hälfte der berechtigten Beschäftigten ein BEM-Angebot erhält. Jedoch bekommt fast jede zweite berechtigte Person nach wie vor keines. Am häufigsten ist das BEM in Betrieben mit 250–999 Beschäftigten anzutreffen. Dort erhielten 2024 66 % der BEM-Berechtigten ein Angebot; 2018 waren es noch 52 %. Ein noch deutlicherer Anstieg ist in mittleren Betrieben mit 50 – 249 Beschäftigten zu verzeichnen (von 31 % im Jahr 2018 auf 48 % im Jahr 2024). In kleinen Betrieben bis 49 Beschäftigten bleibt die Angebotsquote jedoch nach wie vor bei 40 %. Mögliche Ursachen sind hier insbesondere in fehlendem Wissen, fehlenden internen Ressourcen zu vermuten.
Beschäftigte im öffentlichen Dienst erhielten am häufigsten ein BEM-Angebot (68 % im Vergleich zu 50 % im Jahr 2018), gefolgt der Industrie (62 % im Vergleich zu 45 % im Jahr 2018). Neben Betriebsgröße und Wirtschaftsbereich gibt jedoch noch weitere Faktoren, die die BEM-Quote beeinflussen. Hier sind insbesondere die Gesundheitsorientierung eines Unternehmens oder dessen soziale Ressourcen zu nennen. So erhielten Beschäftigten, in deren Unternehmen es Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung gibt, deutlich häufiger ein BEM-Angebot als andere (66 % im Vergleich zu 36 %).
Ebenfalls hervorzuheben ist die Rolle der Arbeitnehmervertretungen. In Unternehmen, in denen es einen Betriebs- oder Personalrat gibt, war das BEM-Angebot häufiger als in solchen ohne Arbeitnehmervertretung (63 % mit Betriebs- oder Personalrat gegenüber 32 % ohne).
Auch unserer Erfahrung nach nehmen Arbeitnehmervertretungen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung des BEM ein. Sie können nicht nur die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben überwachen, sondern auch aktiv an dessen Ausgestaltung und Umsetzung im Unternehmen und Dienststellen mitwirken:
- Abschluss von Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen, Mitbestimmung nach § 87 (1) Nrn. 1, 6, 7 BetrVG bzw. § 80 (1) Nr. 11 sowie § 80 (2) Nrn. 2, 8 LPersVG RLP: Abläufe, Datenschutz, Freiwilligkeit klar regeln
- Information und Aufklärung: Beschäftige über das Instrument, ihre Rechte im BEM informieren und Vertrauen schaffen.
- Beteiligung im Einzelfall: Teilnahme an Gesprächen und Unterstützung bei der Entwicklung von Maßnahmen
- Kontrolle und Evaluation: Wirksamkeit prüfen und das BEM-Verfahren weiterentwickeln
- Arbeitsbedingungen verbessern: Erkenntnisse aus dem BEM ziehen, Belastungen und Gefährdungen für die Gesundheit erkennen und Verbesserungen anstoßen
Melanie Sandmann